Story Telling / narratives WM

Die Umschreibungen „Storytelling im Wissensmanagement“ bzw. „Narratives Wissensmanagement“ bezeichnen den Einsatz von verschiedenen narrativen Methoden, um

a)    (implizites) Wissen erfahrener Projektmitarbeiter und Experten zu heben,
b)    es an Mitarbeiter von Folgeprojekten oder den Nachfolger eines Experten weiterzugeben, sowie
c)    eine Wissensdokumentation zu erstellen, die das Wissen auch ohne den direkten Wissenstransfer auf ein Projektteam/einen Nachfolger möglichst umfassend bewahrt.

Dieser methodische Dreiklang ist im sog. „Storytelling-Prozess“ (auf narrata.de) näher definiert.

Das Live-Session Video von Christine Erlach aus dem WMOOC 2016 enthält ca. 20 min Vortrag zum Storytelling mit Schwerpunkt „narratives Storytelling“ und ca. 27 min F&A mit den Teilnehmern (Dauer 47 min):

Was ist das Besondere am narrativen Wissensmanagement?

Das Hauptaugenmerk des narrativen Wissensmanagement ist das implizite Wissen aus Projektteams und das Erfahrungswissen von ausscheidenden Experten. Natürlich wird auch das explizite Wissen mit erfasst, doch die benutzten narrativen Methoden (s.u.) heben zusätzlich jene Wissensbereiche, die noch nicht in Worte gekleidet sind, die mitunter dem Wissensträger selbst nicht bewusst vorliegen.

Der Weg zu diesen impliziten Wissensinhalten führt über die Erzählungen der Wissensträger zu bestimmten kritischen, emotional bedeutsamen Ereignissen, in denen sie im konkreten Problemlösen „ihre Erfahrungen machten“ – Erfahrungswissen entsteht nämlich genau so, im konkreten Handeln in emotional bedeutsamen Situationen! Daher ist das Besondere am Storytelling-Ansatz, diese Erzählungen zu besonderen Situationen zu heben und anschließend nach ihren Kerninhalten auszuwerten (Storytelling-Prozess Phase 1).

Sobald die verborgenen Wissensinhalte in den Erzählungen gehoben wurden, gilt es, eine geeignete Form zu finden, dieses Wissen wieder an andere Wissensnehmer weiterzugeben (Storytelling-Prozess Phase 2 und 3). Hierbei bieten sich natürlich auch wieder narrative Formate in Workshops und in der Dokumentation an.

Beim Wissenstransfer mit ausscheidenden Fach- und Führungskräften mit hohem Expertenstatus sind aber in der Regel strukturiertere Darstellungsformen besser geeignet, wie etwa MindMaps (siehe unten zu den Besonderheiten der Wissensdokumentation).

Welche narrativen Methoden werden eingesetzt?

„Narrative Methoden“ ist ein Sammelbegriff für zum Teil sehr verschiedene methodische Ansätze, die aber alle auf den Grundannahmen des narrativen Management (s.u.) ansetzen und in den Sozialwissenschaften verankert und fundiert sind. Die im Storytelling-Prozess angewendeten narrativen Methoden sind im Wesentlichen:

In welchen Denkmodellen ist der Einsatz von narrativen Methoden im Wissensmanagement einzuordnen?

Die Arbeit mit narrativen Methoden folgt einer übergeordneten neuen Anschauung auf Management und Wissensarbeit. Am besten kann man sie umschreiben als systemisch-konstruktivistisch geprägte Herangehensweise an Menschen und deren Wirklichkeitskonstruktionen in deren sozialen Systemen und Interaktionen. „Wissen“ ist also eine Frage der gemeinsamen Aushandlung und kein objektiv festzulegendes Gut und ist darüber hinaus in aller Konsequenz nicht trennbar vom Wissensträger:

  • Das bedeutet zum einen, dass  alle Versuche von Wissensdokumentation einer Wissenskommunikation unterlegen sind.
  • Zum anderen muss die Wissensdokumentation derart gestaltet werden, dass der Wissensnehmer sich wiederum das Wissen selbst konstruieren kann. Dies gelingt auf 2 möglichen Wegen:
    • Entweder durch das Bewahren von möglichst viel Kontextinformationen aus der Situation, in der sich der Wissensträger Erfahrungswissen aneignete – hier bieten sich MindMaps an, die zu den einzelnen Ästen Passagen im O-Ton des Wissensträger anbieten, in denen der Experte die kritische Situation, in der er Erfahrungswissen erwarb, erzählt.
    • Oder durch ein narratives Format, das das schwer zu fassende Erfahrungswissen in eine neue Geschichte packt, die Auseinandersetzungsfläche für Team-Workshops oder Führungskräftetrainings ist – hier eignen sich besonders Comics oder andere fiktive Settings, da sie die nötige humorvolle Distanz zum behandelten Thema schaffen, um selbstkritisch das eigene Verhalten zu reflektieren: Ein Beispiel aus einen narrativen Projekt-Debriefing bei einem deutschen Triebwerksbauer: „Digital Storytelling Film NARRATA bei MTU Aero Engines“ (3:01 min, NARRATA Consult)

Der narrative Zugang auf Organisationen geht weit über die bloße Aufgabe der Wissenserfassung und – weitergabe hinaus – für einen Überblick über die verschiedenen Aufgabenbereiche des „narrativen Management“ siehe www.narratives-management.de.

Weiterführende Links (optional):


Kommentare/Hinweise:
Ergänzungs- o. Änderungsvorschläge hier in der XING-Diskussion, oder (notfalls, wenn kein XING-Account gewünscht) als eMail (unbedingt mit dieser URL) an uns Autoren (Gabriele Vollmar und/oder Dirk Liesch).

MikroSchulung

Mikroschulungen oder auch Micro Trainings oder Micro Teaching sind kleinteilige Lerneinheiten von max. 15-30 Minuten. Sie eignen sich gut, um Wissen unter den Mitarbeitern weiterzugeben. So können beispielsweise Experten zu bestimmten Themen, regelmäßig ihr „Spezialwissen“ über solche Mikroschulungen weitergeben, um kritisches singuläres Wissen (Wissensinseln) zu vermeiden.

Mikroschulungen können Präsenzschulungen sein, aber auch Online-Schulungen (Webinare) oder Lerneinheiten innerhalb von E-Learnings.
Sie können auch gut mit dem Flipped Classroom-Ansatz kombiniert werden.

Durch ihre Kürze integrieren sie sich besser in den Arbeitsalltag, wodurch nicht nur die Motivation steigt, an einer solchen Schulung teilzunehmen, sondern auch das eher informelle Lernen im Arbeitsprozess selbst zielgenauer unterstützt werden kann.

Es ist empfehlenswert Mikroschulungen regelmäßig durchzuführen, beispielsweise einmal im Monat im Rahmen der wöchentlichen Abteilungsbesprechung (die dann einmal im Monat eine halbe Stunde länger dauert).

In manchen Organisationen ist es üblich, dass Mitarbeiter, die eine externe Fortbildung, einen Kongress o.ä. besucht haben, ihre dortigen Lernerfahrungen als Mikroschulung (verpflichtend) an die Kollegen weitergeben.

Strukturvorschlag:

Mikroschulungen können wir folgt aufgebaut sein:

  1. Aktivierung (3 Minuten)
  • Ziel der Mikroschulung kommunizieren
  • ggf. kleine aktivierende Denkübung machen

2.  Lerninhalt (10-15 Minuten)

  • Lerninhalt vermitteln, dabei unterschiedliche Methoden mixen, wenn möglich (PowerPoint und Flipchart, Erläuterung und Demonstration usw.)
  •  wenn möglich, durch konkrete Beispiele anschaulich gestalten

3. Feedback / Diskussion (5 Minuten)

  • durch aktives Erfragen von Feedback prüfen, ob der Lerninhalt verstanden wurde
  • Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern unterstützen

4.  Abschluss: Wie geht es jetzt weiter? (2 Minuten)

  • Was nehmen die Teilnehmer konkret mit? Was nehmen sie sich vor?
  • Wie geht es ggf. mit einer weiteren Schulung o.ä. weiter?

Denkaufgabe:

Konzipieren und halten Sie doch einmal eine Mikroschulung zu Wissensmanagement! Oder einem der kennengelernten Wissensmanagement-Werkzeuge!


 


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Mentoring – Reverse Mentoring

Mentor bezeichnet die Rolle eines Ratgebers oder eines erfahrenen Beraters, der mit seiner Erfahrung und seinem Wissen die Entwicklung seines Mentees fördert.

In Organisationen sind dies oft erfahrene Führungskräfte, die Nachwuchsführungskräfte begleiten und in der Karriereentwicklung beraten und unterstützen. Dabei geht es weniger um die Vermittlung fachlichen Wissens als um die Vermittlung sozialen Wissens, also über das soziale Funktionieren der Organisation und deren Netzwerke.

Beim Reverse Mentoring übernimmt der junge Mitarbeiter die Rolle des Mentors und der ältere die des Mentees. Reverse Mentoring kommt oft zum Einsatz, wenn ältere Mitarbeiter bei der Nutzung sozialer Medien o.ä. angeleitet und begleitet werden sollen.

Weiterführende Materialien (wenn Sie etwas mehr Zeit investieren wollen):

  • Mentoring wird auch oft von Universitäten für die Studierenden des Abschlusssemesters angeboten. Hier eine informativer Leitfaden der TU Freiberg, der auch viele Hinweise enthält, die nicht nur für den Einsatz im universitären Umfeld wichtig sind.
  • Ausführliches E-Learning zum Thema Mentoring (in englischer Sprache)

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Expert Debriefing / Wissensstafette

Mit einem Expert Debriefing (auch Wissensstafette genannt nach einer bei VW Coaching entwickelten Methode) soll der Verlust von relevantem Wissen beim Ausscheiden oder Wechsel von Mitarbeitern vermieden und der Wissenstransfer an den Nachfolger unterstützt werden.

Hierbei kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz, z. B. Story Telling oder verschiedene Interview-Techniken.

Den Kern von Expert Debriefing bilden in der Tat Interviews mit dem ausscheidenden oder wechselnden Mitarbeiter. Diese Interviews werden i.d.R. von einem neutralen Debriefer moderiert und auch dokumentiert, ggf. übernimmt die Dokumentation eine zweite zusätzliche Person.

Die Dokumentation findet nun aber nicht in Form eines klassischen Protokolls statt, sondern in Form einer Wissenslandkarte (Mindmap). Hier werden die wesentlichen Informationen festgehalten bzw. auf weiterführende Informationen direkt verlinkt. Idee ist, dass der Nachfolger sich anhand dieser Wissenslandkarte in einer neuen Aufgabe orientieren kann und alle notwendigen Hinweise erhält.

Hier ein Beispiel, wie eine solche Wissenslandkarte grundsätzlich strukturiert sein kann:

Persönliche Wissenslandkarte (zum Vergrößern klicken)

Hier nochmals als PDF-Datei: meine-wissenslandkarte

Die Wissenslandkarte bildet gleichsam den roten Faden für den Transfer. Begleitend werden in den Interviews weitere Transferaufgaben definiert, z. B. kurze „on the job“-Trainings, Aktualisieren von Checklisten oder Ablagen, Erstellen von Wiki-Artikeln, Einführen bei Kontakten und Ansprechpartnern usw.

Im folgenden Erklärvideo von Gabriele Vollmar wird die Methode nochmals im Überblick erläutert (Dauer 7’05 Min):

 


Denkaufgaben:

Idealerweise ist der Nachfolger bei den Interviews anwesend. Das ist jedoch nicht immer möglich, z. B. weil der Nachfolger noch nicht ernannt ist. Überlegen Sie: Wie könnte ein Expert Debriefing „ohne Nachfolger“ gestaltet werden? Ist das grundsätzlich sinnvoll?

Zweite Denkaufgabe: Könnte es sinnvoll sein, eine solche persönliche Wissenslandkarte zu pflegen unabhängig vom Fall des Ausscheidens? Z.B. als Teil des persönlichen Wissensmanagement? Was wäre der Nutzen, persönlich, aber auch für die Organisation?


 

Weiterführende Materialien (wenn Sie etwas mehr Zeit investieren wollen):

  • ausführliche Darstellung der Methode Expert Debriefing in einem Slide Share von Simon Dückert
  • Anja Flicker, Leiterin der Stadtbücherei Würzburg über den Einsatz von Expert Debriefing (Dauer 2:17 Min)

 


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Wissensträgerkarte und Skill Matrix

Bei einer Wissensträgerkarte oder Skill Matrix geht es darum, die Kenntnisse und Kompetenzen einzelner Personen in einem Team oder einem Bereich im Überblick sichtbar zu machen.

Die Wissensträgerkarte beruht auf dem Konzept des Kompetenzrads, nur dass anstelle der Kompetenzen einer einzelnen Person notwendige Kompetenzen bezogen auf ein Team aufgetragen werden. In einem  zweiten Schritt werden dann die einzelnen Teammitglieder diesen Kompetenzfeldern und der jeweiligen Ausprägung (Kenner, Könner oder Experte) zugeordnet. Im Überblick kann man dann rasch erkennen, wer im Team was wie gut kann, aber auch wo Kompetenzlücken bestehen oder das Team von einzelnen Wissensträgern abhängig ist. Dadurch leistet eine Wissensträgerkarte einen Beitrag zum Risikomanagement.

Beispiel Wissensträgerkarte (zum Vergrößern klicken)
Beispiel Wissensträgerkarte (zum Vergrößern klicken)

Im abgebildeten Beispiel kann man recht schnell erkennen, dass bestimmte Themen „unterbesetzt“ sind oder auch der Mitarbeiter Grün eine zentrale und kritische Rolle spielt (was passiert, wenn Grün ausfällt oder das Team verlässt?).

Eine solche Wissensträgerkarte ist hilfreich zum Start eines Projektes, entweder um das Projektteam überhaupt erst zu formieren (wen bzw. welche Kompetenzen braucht es?) oder auch um im bestehenden neuen Team Transparenz über unterschiedliche Kompetenzen zu erzeugen und die oben erwähnte Risikobetrachtung durchzuführen.


Denkaufgabe:

Denken Sie an ein Ihnen bekanntes Team: Würde die gemeinsame Erstellung einer solchen Wissensträgerkarte in einem Workshop funktionieren? Wo liegen ggf, die Risiken?


Ein Nachteil dieser Art der Visualisierung liegt darin, dass sie sich nur für überschaubare Teams mit maximal 10-15 Mitgliedern eignet.

Für größere Teams oder auch Abteilungen / Bereiche eignet sich eher eine Skill Matrix oder Kompetenz- bzw. Qualifikationsmatrix. Hier werden die Kompetenzen  in einer Tabelle erfasst, sodass auch größere Informationsmengen noch übersichtlich dargestellt werden können. Auch in einer Skill Matrix werden die Kompetenzen hinsichtlich ihrer Ausprägung i.d.R. bewertet. Dies kann ebenfalls nach dem bewährten „Kenner – Könner – Experte“-Prinzip geschehen. Dabei wird die Kompetenzstufe in der Matrix oft als Zahlenwert wiedergegeben. Eine mehr grafische Umsetzung, z. B. als Farbe anstatt Zahl, kann hier das schnelle Erkennen von Mustern usw. unterstützen. Eine einfache Arbeitshilfe für eine Kompetenzmatrix findet sich hier.

Dieses Beispiel zeigt, wie das Kompetenzrad in die Skill Matrix integriert werden kann (die hellen Flächen zeigen dabei Entwicklungsziele an):

Skill Matrix mit Kompetenzrad (zum Vergrößern klicken)
Skill Matrix mit Kompetenzrad (zum Vergrößern klicken)

In diesem Beispiel hat sich das Unternehmen für 4 Stufen bei der Kompetenzausprägung entschieden:

  • Kenner
  • Könner
  • fundierter Könner
  • Experte

Außerdem gibt es die Regel, dass eine Stufe wieder verloren geht, wenn im jeweils zurückliegenden Jahr nachweislich keine Praxiserfahrung hinsichtlich der Tätigkeit vorliegt.

 

Hinweis: Der Begriff ‚Wissensträgerkarte‘ wird teilweise auch synonym mit ‚Gelben Seiten‘ verwendet.

 

 


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