Archiv der Kategorie: Grundlagen

Wissensmanagement als Querschnittsdisziplin

Wissensmanagement ist eine Querschnittsdisziplin, die sowohl alle Bereiche einer Organisation berührt, als auch das persönliche und private Leben. Das liegt in der grundlegenden Natur des Wissens.

Demzufolge sollte intelligenter Umgang mit Wissen nicht nur ein wichtiges Thema in allen Management-Disziplinen sein, sondern in allen Abteilungen und bei allen Mitarbeiterinnen einer Organisation, egal ob Unternehmen, Verwaltung , Verein oder Handwerk.

Damit ist es vergleichbar mit grundlegenden Querschnittsaufgaben, wie Arbeitssicherheit, Gesundheitsmanagement oder auch Qualitätsmanagement.

Seit Ende 2014, spielt Wissensmanagement im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement eine größere Rolle, da diesbezügliche Anforderungen in die ISO 9001:2015 aufgenommen wurden. Dieses Spezialthema wird unter „Wissensmanagement im Qualitätsmanagement (ISO 9001:2015)“ separat behandelt.

Wo sollte Wissensmanagement in der Organisation positioniert werden?

als:

  1. Stabsabteilung mit einem „Chief Knowledge Officer“ (CKO)
  2. eigener Bereich „Wissensmanagement“ , wie Qualitätsmanagement oder Arbeitssicherheit
  3. Teil des Qualitätsmanagement
  4. als Teil der Personalentwicklung
  5. dezentral verteilt in den Bereichen als „Experten Netzwerk“ mit gewählten Koordinatorinnen.

???


Denkaufgabe:

Wo und wie würden Sie Wissensmanagement in Ihrer Organisation positionieren (institutionalisieren), um der Querschnittsrolle gerecht zu werden? Warum?


Sicherlich hängt die individuelle Lösung von der Organisations-Größe ab. Auch Organisationsstruktur und die Kultur spielen für die Entscheidung eine Rolle.

1)  Für eine Stabsabteilung mit CKO spricht (sofern die Organisation groß genug dafür ist), dass die erfolgreiche Umsetzung von Wissensmanagement Maßnahmen stark davon abhängt, dass sich die Unternehmensführung sowohl eindeutig dazu bekennt, das Thema aktiv unterstützt und selber vorlebt. Eine Stabsabteilung macht Bedeutung des Themas deutlich.

2) Für einen eigenen „Wissensmanagement“ Bereich spricht evtl. das Vorhandensein von eigenen Bereichen für Qualitätsmanagement oder Arbeitssicherheit. Wissensmanagement würde damit organsiatorisch auf Augenhöhe zu diesen Themen gestellt.

3) Für die Entscheidung als Teil des Qualitätsmanagement könnte sprechen: Die neue ISO 9001:2015 fordert Wissensmanagement Maßnahmen innerhalb des Qualitätsmanagements. Wenn Wissensmanagement prozessorientiert entlang der Prozesse entsprechend der ISO 9001 betrachtet wird, könnte diese QM Zuordnung des Themas evtl. in Frage kommen.

4) Wissensmanagement als Teil der Personalentwicklung könnte begründet sein, da Wissensmanagement auch zum Ziel hat, eine „Lernende Organisation“ zu schaffen. Das impliziert auch, die natürliche Zusammenführung von Lernen/Qualifizierung/Weiterbildung und Wissensmanagement. Außerdem hat der Umgang, Weitergabe und Erwerb von Wissen zentral mit Menschen (Personal) zu tun und könnte aus diesen Gründen Thema der Personalabteilung sein.

5:) Dezentral verteilt als „Experten – Netzwerk“ könnte u.a. in eine Organisation mit sehr flacher flexibler Hierarchie, in der Selbstorganisation einen höheren Stellenwert einnimmt. Dabei wären in dem Netzwerk Mitarbeiterinnen aus allen Unternehmensbereichen mit vertreten und diese könnten den Koordinator und dessen Stellvertreterin regelmäßig aus ihren Reihen wählen.

Die vielfach historisch gewachsene Positionierung in IT-Abteilungen (z.B. weil Wissensdatenbanken, Intranets und ähnliche IT-Lösungen durch diese aufgebaut wurden), gilt für die langfristige strategische Entwicklung des Wissensmanagement für ungünstig, da IT nur einen Teil der Wissensmanagement-Thematik abdecken kann.


Kommentare/Hinweise:
Ergänzungs- o. Änderungsvorschläge hier in der XING-Diskussion, oder (notfalls, wenn kein XING-Account gewünscht) als eMail (unbedingt mit dieser URL) an uns Autoren (Gabriele Vollmar und/oder Dirk Liesch).

Potsdamer Modell

Das Potsdamer Modell nach Gronau et al. [vgl. Gronau, N. et al. (2009) Wissen prozessorientiert managen. Methoden und Werkzeuge für die Nutzung des Wettbewerbsfaktors Wissen in Unternehmen. München] wird teilweise aus Weiterentwicklung oder Erweiterung des Bausteine-Modells nach Probst bezeichnet. Wie dieses unterteilt es den Umgang mit Wissen in einzelne Wissensprozesse, die jedoch leicht von den Probstschen Bausteinen abweichen. Die wesentliche Erweiterung besteht allerdings in der zusätzlichen Berücksichtigung der Randbedingungen, der Akteure und der Reichweite. Die Reichweite gibt an, auf wen oder was das Wissensmanagement konkret einwirkt, z. B. auf eine einzelne Aktivität, auf einen / mehrere Prozesse oder auf ein Netzwerk.

In diesem Artikel wird das Modell kurz umrissen und grafisch dargestellt.


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GfWM-Modell

Das Wissensmanagement-Modell der Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM) orientiert sich als Prozessmodell am Qualitätsmanagement-Modell der EFQM (European Foundation for Quality Management), das wiederum auf den Total Quality Ansatz (TQM) zurückgeht, und verbindet diesen mit der Vorstellung der Lernenden Organisation.

Unterschiedliche Materialien, darunter ein ausführliches White Paper, sowie eine frei verfügbare Grafik zum Modell finden sich hier auf der Website der GfWM. Simon Dückert, einer der Autoren des Modells, hat es erstmal auf der KnowTech 2008 vorgestellt:

 

Im Jahr 2013 hat Sebastian Peneder eine Version 2.0 des Modells für den spezifischen Kontext Projektmanagement entwickelt und in den GfWM THEMEN 6 (S. 7-17) vorgestellt.


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Münchner Modell

Das so genannte Münchner Modell wurde von Gabi Reinmann und Ernst Mandl 2001 an der Ludwig-Maximilian-Universität München entwickelt. Es betont den Aspekt des Lernens, sowohl des individuellen als auch des organisationalen, und versucht Wissensmanagement zwischen den beiden Polen ‚Mensch‘ auf der einen und ‚Technik‘ auf der anderen Seite zu verorten.

Ausführlich dargestellt wird das Modell einschließlich einiger grundlegender Begriffsdefinitionen in einem Forschungsbericht von Gabi Reinmann aus dieser Zeit.


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SECI Modell oder Wissensspirale

Die Japaner Nonaka und Takeuchi [vgl. Nonaka, I.; Takeuchi, H. (1997) Die Organisation des Wissens. Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen. Frankfurt am Main] gründen ihr Wissensmanagement-Modell, das SECI-Modell oder auch Wissensspirale, auf eine wesentliche Fragestellung, nämlich die, wie neues Wissen in einer Organisation entsteht. Dabei spielt eine kontinuierliche Transformation von implizitem zu explizitem Wissen und umgekehrt eine wichtige Rolle.

Gabi Reinmann erläutert und bewertet das Modell in Abschnitt 4.2.2 ihres Studienbriefs.

In diesem Video (Dauer 08:36) erläutert Gabriele Vollmar das SECI-Modell:

Eine schöne Animation des Modells bietet außerdem diese kurze Video (0:18):

Weiterführende optionale Informationen:

Von 6:44-9:21min des Erfahrungs-Videos von Angelika Mittelmann, geht sieh auf die Nutzung des SECI-Modells in der voestalpine Stahl GmbH ein:

Nonaka hat im Kontext der Sozialisierung die Idee eines geteilten Wissensraums, ‚ba‘ genannt, in den folgenden Jahren weiter ausgeführt. In diesem Video wird das Konzept eines ba kurz vorgestellt (Dauer 7’58 Min):


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MOT-Modell

Das MOT-Modell oder oft auch TOM-Modell ist kein Wissensmanagement-Modell im engeren Sinne. Vielmehr ist es eine durchaus hilfreiche Bezeichnung für ein ganzheitliches Wissensmanagement. Hilfreich, weil es als MOT-Modell direkt die 3 Faktoren eines ganzheitlichen Wissensmanagements benennt:

  • Mensch
    Gestaltung einer wissensförderlichen Unternehmenskultur und Unterstützung der (individuellen) Wissensarbeit und Wissensentwicklung
  • Organisation
    Gestaltung förderlicher Strukturen und Prozesse, Angebot und Einsatz nicht-technischer Methoden zur Unterstützung von Wissensprozessen
  • Technik
    Intelligenter und angemessener Einsatz von IT-Werkzeugen  zur Unterstützung von Wissensprozessen

MOT steht für eine integrierte Betrachtungsweise, die sowohl technische und humanorientierte Ansätze als auch Informations- und Kompetenzmanagement sinnvoll verbindet. Damit verfolgt es ein ähnliches Ziel wie das Münchner Modell.

Übrigens: Wir bevorzugen die Abkürzung MOT, weil dabei der Mensch am Anfang steht und eben nicht die Technik. In der „Literatur“ wird es meist unter „TOM“ gefunden. Ausführlich ist TOM auf S.34-40 in „Wissensmanagement – Verfahren, Instrumente, Beispiele für Vereine und Verbände“ (PDF-Dokument, Friedrich Ebert Stiftung) beschrieben. Kurz und übersichtlich ist es unter „Wissensmanagement heute – ein ganzheitlicher Ansatz“ (http://qib.f-bb.de) zu finden.


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Wissensgarten

Die Idee eines Wissensgartens nach Vollmar hat übrigens das Layout dieser Website inspiriert. Vorgestellt und erläutert wird das Modell in diesem Beitrag der Community of Knowledge.

Über die Einsatzmöglichkeiten des Modells wurde bei einer Session des GfWM Knowledge Camps 2015 gemeinsam mit Dirk Liesch reflektiert (Achtung: Live-Aufzeichnung der Session=> 47 min, relativ leiser Ton):

Basierend auf dem  Modell des „Knowledge Gardening“ von Gabriele Vollmar entstand die kurze Zusammenfassung „Knowledge Gardening – den Wissensgarten bestellen“ von Dirk Liesch, welche bestimmte gärtnerische Aspekte des Modells mehr betont, als im oben verlinkten Beitrag auf der „c-o-k“.


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Warum Wissensmanagement

Warum sollten  sich Organisationen oder auch Einzelpersonen überhaupt mit dem Thema Wissensmanagement beschäftigen? Warum ist ein systematischer und strategischer Umgang mit Wissen in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft und Wirtschaft immer wichtiger geworden?

Einige Antworten bietet das erste Kapitel in diesem Studientext von Gabi Reinmann. Auch wenn dieser bereits aus dem Jahr 2009 stammt, ist er in seinen wesentlichen Aussagen doch immer noch zutreffend.

Eine Antwort auf die Frage „Warum Wissensmanagement in KMU (kleinen und mittleren Unternehmen)“ versucht der Europäische Leitfaden zur guten Praxis im Wissensmanagement auf den Seiten 8-9.

Aktueller die im November 2018 veröffentlichte internationale Norm ISO30401 Knowledge Management Systems – Requirements. Diese nennt in der Einleitung 7 Gründe, warum Wissensmanagement für Organisationen wichtig ist (Anmerkung: Die Norm liegt zum Zeitpunkt der Überarbeitung dieses Artikels nur auf Englisch vor, Übersetzung und Zusammenfassung durch die Autorin dieses Artikels):

  1. Wertschöpfung beruht auf der Anwendung / Nutzung von Wissen. Wissen wird zu einem key differentiator hinsichtlich Effektivität, Zusammenarbeit und Wettbewerb.
  2. Wissensarbeit gewinnt für Gesellschaften und Organisationen zunehmend an Bedeutung. In so genannten Wissensgesellschaften ist Wissen die Quelle des Wohlstands. Dadurch gewinnt Wissen auch innerhalb von Organisationen an Bedeutung: Es ermöglicht wirkungsvolle Entscheidungen, unterstützt und steigert die Effizienz von Prozessen, erzeugt Resilienz und Anpassungsfähigkeit, schafft dadurch Wettbewerbsvorteile und kann selbst zu einem Produkt werden.
  3. Ein verbesserter Zugang zu Wissen schafft mittels Lernen, praktischer Erfahrung und Austausch neue Möglichkeiten für die berufliche Entwicklung von Individuen.
  4. Bei einer gesteigerten Veränderungsgeschwindigkeit können Organisationen sich nicht mehr darauf verlassen, dass Wissen sich ’spontan‘ und selbsttätig innerhalb der Organisation verbreitet. Wissensprozesse müssen aktiv gestaltet und gesteuert werden.
  5. Lokal verteilte und dezentrale Organisationen können einen großen Nutzen aus einem besseren Austausch von Erfahrungen und guter Praxis ziehen.
  6. In vielen Organisationen ist Wissen in Silos, d.h. bei einzelnen Expertinnen und Experten vorhanden. Das birgt das Risiko des Wissensverlusts in Zeiten erhöhter Fluktuation.
  7. Wissensmanagement unterstützt die Zusammenarbeit zwischen Organisationen, um gemeinsame Ziele zu erreichen.

Kurz, in den Worten der ISO30401: „Knowledge is an intangible organizational asset that needs to be managed like any other asset.“ (ISO30401:2018(E), S. V)


Denkaufgabe:

Welche Gründe sprechen in Ihrem eigenen Kontext – sei es Sie als Wissensarbeiter / Wissensarbeiterin oder im Kontext Ihrer Organisation – für Wissensmanagement? Welchen Nutzen könnte Wissensmanagement konkret entfalten? Wie würden Sie einem Entscheider / einer Entscheiderin oder einem Kollegen / einer Kollegin erklären, warum sich eine Beschäftigung mit Wissensmanagement lohnt?


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Grundlegende Begriffe (Definitionen)

Vor der Beschäftigung mit dem Wissensmanagement sollten einige grundlegenden Begriffe klar definiert sein. Der folgende etwas längere Text leitet durch verschiedene, aufeinander aufbauende Definitionen und gibt die eine oder andere Denkaufgabe. Es besteht aber auch die Möglichkeit über die Navigation einzelne Definitionen für einzelne Begriffe gezielt anzusteuern.


Denkaufgabe:

Bevor Sie sich gleich mit zahlreichen Definitionen auseinandersetzen, nehmen Sie sich doch 5 Minuten Zeit und assoziieren Sie rund um den Begriff ‚Wissen‘: Welche anderen (verwandten) Begriffe fallen Ihnen spontan ein, wenn Sie an ‚Wissen‘ denken?


Eine gute Sammlung wesentlicher Begriffsdefinitionen bieten sowohl das D-A-CH Wissensmanagement-Glossar der Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. sowie, ab Seite 135, der Europäische Leitfaden für gute Praxis im Wissensmanagement. Das D-A-CH Glossar der GfWM gibt es übrigens auch als App für iPhone und iPad.

Eine gründliche Erläuterung des Wissensbegriffs bietet das Kapitel 2 in einem Studientext von Gabi Reinmann. Oder noch ausführlicher und  tiefer gehend dieser Eintrag, ebenfalls von Reinmann und Mandl, im Spektrum Lexikon der Psychologie.

Oft verwendet im Kontext Wissensmanagement, um den Zusammenhang zwischen Daten, Informationen, Wissen und schließlich Können, Handeln und Kompetenzen deutlich zu machen, wird die so genannte Wissenstreppe von Klaus North [Vgl. North, Klaus (2011) Wissensorientierte Unternehmensführung. Wiesbaden]. In diesem Video (7:18 min) erläutert Dr. Angelika Mittelmann die Wissenstreppe sehr anschaulich:

Hier finden Sie eine kompakte schriftliche Erklärung (inkl. Grafik) der Wissenstreppe (f-bb Website). Wie komplex Gedanken zu Wissensmanagement Begriffen auf Basis der Wissenstreppe sein können, zeigt diese verlinkte Grafik (wird mit Zoom lesbar) von Hr. Hofferer.

Ein Begriffspaar, das im Wissensmanagement oft Verwendung findet, ist das von Michael Polanyi schon in den 60er Jahren geprägte Begriffspaar ‚explizites Wissen‚ und ‚implizites Wissen‘. Hier geht es zu einer Erläuterung.

Kein Wissen ohne Nicht-Wissen; eine gute Definition und Begründung, warum auch das Nicht-Wissen im Wissensmanagement berücksichtigt werden sollte, bietet mit Bezug auf die Überlegungen von Ursula Schneider zum Management der Ignoranz [Vgl. Schneider, Ursula (2006) Das Management der Ignoranz. Wiesbaden] dieser Artikel auf der Community of Knowledge.

Was also ist / will nun Wissensmanagement?


Denkaufgabe:

Und noch einmal die Anregung: Bevor Sie sich gleich mit unterschiedlichen Definitionen von ‚Wissensmanagement‘ beschäftigen, versuchen Sie doch selbst einmal zu definieren, was ‚Wissensmanagement‘ für Sie / Ihren Kontext bedeutet!


Eine interessante Sammlung von Wissensmanagement-Definitionen aus einer XING Diskussion wurde von Boris Jäger im DACH KM – Wiki zusammengefasst.

„Wissensmanagement ist intelligenter Umgang mit Wissen“  ist meine persönliche Lieblingsdefinition, wenn es darum geht, das Gesamtthema, unabhängig von einem Unternehmen zu definieren. (Dirk Liesch)

Meine (Gabriele Vollmar) Definition von Wissensmanagement lautet: „Wissensmanagement ist die Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen für produktive Wissensarbeit. Übergeordnetes Ziel ist die Schaffung einer Lernenden Organisation.“

Hier begegnen wir nun wieder zwei wichtigen Begriffen: Wissensarbeit und Lernende Organisation.

Wissensarbeit wird ausführlich betrachtet in einem Diskussionspapier der GfWM, eine Definition findet sich auf Seite 9-10.

Zur Lernenden Organisation gibt es ein unterhaltsames Video (11:58 min) zur Geschichte von Otto, dem Schaf und seiner Herde:

Outlearning the wolves – Einführung Wissensmanagement from BiMa PHLB on Vimeo.

Oder, etwas weniger bildlich, ein Video (8:00 min), das die Lernende Organisation nach den 5 Disziplinen von Peter Senge [Vgl. Senge, Peter (2011. 11. Aufl.) Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart] erläutert. Interessant wird dieses vor allem ab Minute 3’30:


Denkaufgabe:

Was ist nun Ihre Lieblingsdefinition von ‚Wissensmanagement‘? Was gefällt Ihnen an dieser Definition besonders? Warum passt sie besser auf Ihren Kontext als andere?


Sich im Vorfeld mit diesen Begriffen auseinanderzusetzen ist nicht müßig, denn sie werden im Zentrum der weiteren Beschäftigung mit Wissensmanagement stehen. Gerade auch,  wenn in einer Organisation eine Wissensmanagement-Strategie erarbeitet werden soll, ist ein gemeinsames Verständnis dieser Begriffe wichtig (und keineswegs als selbstverständlich vorauszusetzen). Ebenso ist es empfehlenswert eine eigene, auf den eigenen Kontext, die eigene Organisation passende Wissensmanagement-Definition zu entwickeln, um allen Beteiligten ein klares Bild zu vermitteln, worum es beim Wissensmanagement gehen soll. Nur so lässt sich nachhaltig auch Engagement und Motivation für dieses Thema erzeugen.


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Wissensmanagement-Historie

Die Geschichte des Wissensmanagements, die in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts „Fahrt aufnahm“ ist geprägt durch einen lange andauernden Widerstreit zwischen dem so genannten technikorientierten Ansatz, der IT-Lösungen in den Mittelpunkt stellt, und dem humanorientierten Ansatz, der den Menschen als (einzigen) Wissensträger in den Mittelpunkt stellt und starke Überschneidungen mit Themen der Personal- und Kompetenzentwicklung hat.

In der ersten Hochzeit des Wissensmanagements, also Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, waren Wissensmanagement-Initiativen oft IT-getrieben, d.h. fokussierten (ausschließlich) auf die Implementierung einer Software, z. B. einer so genannten Enterprise Knowledge Management Suite, einer Enterprise Search, von Wissensdatenbanken u. ä. Was dabei außer Acht gelassen bzw. teilweise offensiv negiert wurde, war das implizite Wissen und damit die Herausforderung auch nicht explizierbares Wissen – und nur dieses ist qua IT zu verwalten – zu steuern und zu managen. Der jeweilige technologische Entwicklungsstand prägte die Anforderungen und Erwartungen an IT getriebenes Wissensmanagement. Oft waren diese Projekte aus den oben genannten Gründen Fehlschläge und trugen zu einem eklatanten Imageverlust von Wissensmanagement nach der Jahrtausendwende bei.

Einen sehr fundierten Überblick über die Entwicklung des Wissensmanagements bietet ein ausführlicher Artikel von Boris Jäger, der anlässlich des WMOOC 2016 entstanden ist.

Ebenfalls empfehlenswert diese Betrachtung zu „Wissensmanagement bisher“ vom Forschungsinstitut betriebliche Bildung.


Denkaufgabe:
Wo manifestiert sich der Einfluss der oben genannten Entwicklungen im heutigen Bild von Wissensmanagement? Wie kann ein ähnlicher Einbruch und Imageverlust wie Anfang der 2000er Jahre in Zukunft vermieden werden? Was waren die Ursachen?


Weiterführende optionale Informationen:

IKT – Entwicklung

Die Entwicklung der elektronischen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) war eine der wichtigen Triebkräfte des Themas Wissensmanagement und bis kurz nach der Jahrtausendwende oft die treibende Kraft für Wissensmanagement-Projekte in Organisationen.  Zum einen als „Ursache“ für Wissensmanagement, nämlich als gewissermaßen Erzeuger der wachsenden Daten- und Informationsflut, die zu beherrschen Wissensmanagement teilweise angetreten ist, zum anderen auch als vermeintliche umfassende Lösung für dieses Problem. Das manche Ideen schon recht alt sind, zeigt dieser Beitrag von Vannevar Bush (Juli, 1945) unter anderem zur MEMEX-Maschine (Link auf PDF-Dokument, alter Scan).

Dieser Artikel ist gerade auch heute im Kontext der Diskussionen um Künstliche Intelligenz (KI) und die digitale Transformation nicht uninteressant.

Kompetenzentwicklung

Parallel zu neuen Erkenntnissen und Trends der Arbeitswissenschaften und Weiterbildungsforschung entwickelte sich das meist durch die Personalentwicklung vorangetriebene Wissensmanagement in Verbindung mit der Kompetenzentwicklung, das durch eine oft ausgeprägte IKT-Skepsis geprägt war.

Das Thema Kompetenzentwicklung wurde dabei wesentlich von John_Erpenbeck geprägt, der mit seinen Arbeiten dieses Thema in den Fokus rückte.  Als eines von zahlreichen Videos mit Ihm zu diesem Themenkomplex, möchten wir folgendes: 3:17 min Video zum Einstieg in das Thema empfehlen:

Wer das wichtige Thema Kompetenzentwicklung (optional) vertiefen möchte, dem sei das längere Interview (38:38min)   „Wissen ist keine Kompetenz“ von Prof. Werner Sauter mit Prof. Rolf Arnold und Prof. John Erpenbeck empfohlen:

Elektronisches Lernen
Weitgehend getrennt vom Fachgebiet Wissensmanagement entwickelte sich das elektronische Lernen (eLearning).

Eine umfangreiche strukturierte und übersichtliche Sammlung von Beiträgen zur Geschichte des eLearning ist auf dem deutschen Bildungsserver zu finden: Geschichte des eLearning in der Erwachsenenbildung (Deutsche Bildungsserver)

(Optional) In folgendem Video vom EduCamp 2016 in Hattingen (#echat) kommen unterschiedliche Menschen mit ihren persönlichen Erlebnissen aus der Geschichte des eLearning zu Wort (6:07min):

„Wissensmanagement“ wurde in den 1990iger Jahren ein Thema in der Wissenschaft, insbesondere über die Entwicklung wissenschaftlicher Modelle (Nonaka, Probst etc.).

Einen Boom erfuhr Wissensmanagement in der Folgezeit auch durch Einführung des Hype-Begriffes „Wissensgesellschaft“ und des damit suggerierten gesellschaftlichen Qualitätssprungs und dessen Herausforderungen. Eine wichtige Basis legten dazu die Werke und Thesen von Peter Drucker. Gute Informationsquellen sind dazu: 

Kommentare / Hinweise:
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