Archiv der Kategorie: Wissen weitergeben

Mentoring – Reverse Mentoring

Mentor bezeichnet die Rolle eines Ratgebers oder eines erfahrenen Beraters, der mit seiner Erfahrung und seinem Wissen die Entwicklung seines Mentees fördert.

In Organisationen sind dies oft erfahrene Führungskräfte, die Nachwuchsführungskräfte begleiten und in der Karriereentwicklung beraten und unterstützen. Dabei geht es weniger um die Vermittlung fachlichen Wissens als um die Vermittlung sozialen Wissens, also über das soziale Funktionieren der Organisation und deren Netzwerke.

Beim Reverse Mentoring übernimmt der junge Mitarbeiter die Rolle des Mentors und der ältere die des Mentees. Reverse Mentoring kommt oft zum Einsatz, wenn ältere Mitarbeiter bei der Nutzung sozialer Medien o.ä. angeleitet und begleitet werden sollen.

Weiterführende Materialien (wenn Sie etwas mehr Zeit investieren wollen):

  • Mentoring wird auch oft von Universitäten für die Studierenden des Abschlusssemesters angeboten. Hier eine informativer Leitfaden der TU Dresden, der auch viele Hinweise enthält, die nicht nur für den Einsatz im universitären Umfeld wichtig sind.
  • TED Talk How to be a great mentor (Dauer 14’34 Min, in englischer Sprache)
    https://www.youtube.com/watch?v=G3q8kEn_nsg

Kommentare/Hinweise:
Wir freuen uns über Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge. Gerne per eMail (unbedingt mit dieser URL) an uns Autoren (Gabriele Vollmar und/oder Dirk Liesch).

Interview-Methoden

Übersicht

Es gibt unterschiedliche Interview-Ansätze, die sich zur Wissensweitergabe eignen können. Insbesondere unterscheiden sich „strukturierte Interviews“, also mit vorgefertigten Fragen/Fragebögen und narrative Ansätze (ähnlich denen beim „narrativen Story-Telling“), bei denen ohne vorgefertigte Fragebögen beim Interviewer gearbeitet wird. Wir stellen hier die „Interview-Methode“ vor, die von Dirk Liesch 1997 erstmalig strukturiert angewandt und danach weiterentwickelt wurde.

Die „Interview-Methode“ (nach Dirk Liesch)

Interview-Methode (nach Dirk Liesch)
Interview-Methode (nach Dirk Liesch)

Die Methode wird zum Wissenstransfer eingesetzt. Es ist eine sehr einfache (narrative) Art des Storytelling, bei der der zeitliche Aufwand hautsächlich beim Interviewer und nicht bei der Expertin liegt. Der Aufwand beim Experten beträgt zwischen 5-20 min pro Thema. Die Methode eignet sich für Themen, die gut erzählt werden können (kein Zeigen erforderlich).

Für diese Interview-Methode gibt es ein Whitepaper (Lizenz CC-BY 4.0, dlc_interviewmethode_whitepaper_ccby_2010.pdf ) aus dem Jahr 2010. Außerdem wurde die Methode in der WMOOC Live-Session „Wissenstransfer in der Organisation – praktische Umsetzung“ ausführlicher vorgestellt. Dazu steht auch die entsprechende Präsentation hier zur Verfügung (Lizenz CC-BY 4.0, 20171107_wissenstransfer_in_organisation_dirk_liesch.pdf, 20171107_wissenstransfer_in_organisation_dirk_liesch.pptx).

Die Interview-Methode wird zwischen „13:15 – 20:43 min“ in dieser Live-Session erklärt:

Einsatzfelder der Interview-Methode:
  • Nachfolgevorbereitung, Generationenübergang
  • Arbeitsplatzrotation und Positionsveränderungen
  • Projekt-Debriefing und „Lessons Learned“
  • Einarbeitung neuer Mitarbeiter
  • Azubi Ausbildung (Einarbeitung in Abteilungen/Rotation)
  • Projektarbeit (Anforderungsaufnahme, Konzeption)
Ablauf der Interviewmethode
  1. Zwischen Expertin und Interviewer werden die Themen abgestimmt (Einzelthemen, die jeweils gut in 5-20 min erzählt werden können).
  2. Die Expertin erzählt frei zum jeweiligen Thema. Der Interviewer hört zu und versucht zu verstehen. Am Ende fragt der Interviewer so lange nach, bis er das Thema verstanden hat.
  3. Das Interview wird aufgenommen (Audio-Datei, z.B. MP3)
  4. Die Aufnahme (MP3-Datei) wird vom Interviewer in den Wissenspool (z.B. Wissendatenbank) der Organisation mit einer kurzen Beschreibung (Zusammenfassung, max. 1/2 A4-Seite Text) und strukturierten Meta-Daten (z.B. Schlagwörter, Kategorien, Ordner etc.) eingestellt. Ggf. schaut die Expertin nochmal drüber, ob die Zusammenfassung und Einordnung so passt.
  5. Der entstandene „Wissensbaustein“ zum Thema kann nun zur Wissensweitergabe an Dritte, z.B. zur Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen, genutzt werden, auch online und remote.
Charakteristik, Durchführung und Herausforderungen bei der Interview-Methode
Rahmenbedingungen zur Interviewmethode
Rahmenbedingungen zur Interviewmethode

Da der Experte „frei erzählt“ und im aufgenommenen MP3 sein Orginalton, inklusive Betonungen und Emotionen, weitergeben wird, eignet sich die Methode auch zur Erschließung von implizitem Wissen. Es ist ein hoher Themendurchsatz bei großer Granularität möglich (viele kleine flexibel nutzbare „Wissensbausteine“). Der Technikaufwand ist minimal (Aufnahmen auch einfach mit Smartphone möglich).
Solche Interviews können strukturiert und systematisch in den Arbeitsalltag integriert werden, z.B. als „Donnerstag-Teegespräch“.

Eine Herausforderung ist dennoch die Qualitätssicherung, die durch eine strukturierte Themenplanung und z.B. einen Interviewleitfaden für die Interviewerin unterstützt wird. Eine dergrößten Herausforderungen ist dabei, die Expertin darauf einzuschwören, konzentriert beim jeweiligen Thema zu bleiben und nicht abzuschweifen. Ggf. müssen weitere zukünftige Interviewthemen als Stichpunkte während des Gesprächs notiert werden. Beide Beteilige, Experte und Interviewerin, sollten den Gedanken von einzelnen kompakten „Wissensbausteinen“ im Vorfeld verstanden haben.

Natürlich macht das Ganze nur Sinn, wenn später diese Bausteine auch genutzt und bei Bedarf gefunden werden, z.B. im Rahmen von Einarbeitungen, Urlaubsvertretungen, Aufgabenveränderungen in der Organisation usw.

Themenfindung, Klassifizierung und Eignungsprüfung
Interviewmethode: Themen Eignungsprüfung
Interviewmethode: Themen Eignungsprüfung

Die Themenfindung für die Interviewmethode kann aus unterschiedlichem Blickwinkel erfolgen:

  • dezentral pro „Abteilung“: Also jede Abteilung und Bereich kann selbst Themen festlegen zu denen Wissen mittels Interviewmethode weitergegeben wird. Die Interviews können „intern“ durchgeführt werden. Die MP3s inkl. Zusammenfassung (Wissensbausteine) können dezentral in die organisationsspezifische „Wissensbasis“ eingestellt werden.
  • Expertenzentriert: Das Wissen einer (z.B. einer ausscheidenden) Expertin wird über die Interviews in solchen Wissensbausteinen erfasst.
  • Projektzentriert: Das Wissen, was in einem Projekt entsteht, wird entsprechend in projektspezifischen Interview-Themen bewahrt.
  • Themenzentriert: Das Wissen zu speziellen Themenbereichen (z.B. Service) wird in entsprechenden Wissensbausteinen mittels der Interviews weitergegeben und bewahrt.

Bei einer entsprechenden „Wissenspool“-Lösung in der Organisation können diese „Wissensbausteine“ (MP3s + Zusammenfassung) aus den Interviews entsprechend mehrfach klassifiziert werden (z.B. über Schlagworte, Kategorien, Ontologien) entsprechend der Abteilungen (Organigrammeinheiten), den Projekten, Themen, Rollen (z.B. Teamleiter), Experten, Prozesszugehörigkeiten oder auch der Wissenstiefe (Basiswissen -> Expertenwissen). So wird ein besseres Auffinden und zielgerichteteres Nutzen der entstehenden Wissensbausteine (Interviews) unterstützt.

Warum nur „Zusammenfassung“ + Meta-Daten?

Warum sollten nur eine Zusammenfassung und Meta-Daten (Klassifizierung) beim Einstellen der Audio-Dateien (MP3s) in die Wissenspool-Lösung erstellt werden? Um den Aufwand zu optimieren. Die Zusammenfassung soll nur als Entscheidungsgrundlage dienen, ob dieser Wissensbaustein für eine Wissenssuchende/Lernende gerade passt. Dann kann das MP3 des Interviews im Originalton, mit Betonungen und Fokus des ursprünglichen Experten, gehört werden. Die „Klassifizierung“ (Meta-Daten) ermöglicht ein besseres Auffinden aus unterschiedlichen Kontexten (z.B. Abteilungswissen, Themenwissen oder Projektwissen).


Kommentare/Hinweise:
Hinweise, Ergänzungs- o. Änderungsvorschläge als eMail (unbedingt mit dieser URL) an uns Autoren (Gabriele Vollmar und/oder Dirk Liesch).

Expert Debriefing / Wissensstafette

Mit einem Expert Debriefing (auch Wissensstafette genannt nach einer bei VW Coaching entwickelten Methode) soll der Verlust von relevantem Wissen beim Ausscheiden oder Wechsel von Mitarbeitern vermieden und der Wissenstransfer an den Nachfolger unterstützt werden.

Hierbei kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz, z. B. Story Telling oder verschiedene Interview-Techniken.

Den Kern von Expert Debriefing bilden in der Tat Interviews mit dem ausscheidenden oder wechselnden Mitarbeiter. Diese Interviews werden i.d.R. von einem neutralen Debriefer moderiert und auch dokumentiert, ggf. übernimmt die Dokumentation eine zweite zusätzliche Person.

Die Dokumentation findet nun aber nicht in Form eines klassischen Protokolls statt, sondern in Form einer Wissenslandkarte (Mindmap). Hier werden die wesentlichen Informationen festgehalten bzw. auf weiterführende Informationen direkt verlinkt. Idee ist, dass der Nachfolger sich anhand dieser Wissenslandkarte in einer neuen Aufgabe orientieren kann und alle notwendigen Hinweise erhält.

Hier ein Beispiel, wie eine solche Wissenslandkarte grundsätzlich strukturiert sein kann:

Persönliche Wissenslandkarte (zum Vergrößern klicken)

Hier nochmals als PDF-Datei: meine-wissenslandkarte

Die Wissenslandkarte bildet gleichsam den roten Faden für den Transfer. Begleitend werden in den Interviews weitere Transferaufgaben definiert, z. B. kurze „on the job“-Trainings, Aktualisieren von Checklisten oder Ablagen, Erstellen von Wiki-Artikeln, Einführen bei Kontakten und Ansprechpartnern usw.

Im folgenden Erklärvideo von Gabriele Vollmar wird die Methode nochmals im Überblick erläutert (Dauer 7’05 Min):

 


Denkaufgaben:

Idealerweise ist der Nachfolger bei den Interviews anwesend. Das ist jedoch nicht immer möglich, z. B. weil der Nachfolger noch nicht ernannt ist. Überlegen Sie: Wie könnte ein Expert Debriefing „ohne Nachfolger“ gestaltet werden? Ist das grundsätzlich sinnvoll?

Zweite Denkaufgabe: Könnte es sinnvoll sein, eine solche persönliche Wissenslandkarte zu pflegen unabhängig vom Fall des Ausscheidens? Z.B. als Teil des persönlichen Wissensmanagement? Was wäre der Nutzen, persönlich, aber auch für die Organisation?


 

Weiterführende Materialien (wenn Sie etwas mehr Zeit investieren wollen):

  • ausführliche Darstellung der Methode Expert Debriefing in einem Slide Share von Simon Dückert
  • Anja Flicker, Leiterin der Stadtbücherei Würzburg über den Einsatz von Expert Debriefing (Dauer 2:17 Min)

 


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